Was bedeutet anamorph?
Anamorphische Objektive sind spezielle Kameraobjektive, die aufgrund ihrer Bauweise, einen besonderen Bildstil erzeugen, welcher vor allem in Hollywoodproduktionen gerne verwendet wird. Das Wort anamorph kommt in diesem Fall aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie umgestaltet, oder verzerrt.
Wie funktionieren anamorphotische Objektive?
Diese Art von Objektiven erzeugt ein besonders breites Bild, welches eher dem menschlichen Sichtfeld entspricht und dadurch für den Betrachter immersiver wirkt. Erzeugt wird dieser Effekt unter anderem durch ein elliptisches Linsenelement, welches das Bild in der Breite verzerrt. Dieses Bild muss dann in der Nachbearbeitung wieder entzerrt werden, um das richtige Seitenverhältnis zu erhalten. Dieses Verhältnis wird im Fachjargon Cinemascope genannt. Das gängigste Format heute ist der SMPTE Standard mit 2,39:1.
Der Verzerrungsfaktor
Anamorphotische Objektive oder Adapter werden mit verschiedenen Verzerrungsfaktoren angeboten, je nachdem wie stark der gewünschte Effekt sein soll oder welcher Sensor verwendet wird. Der Faktor 2 staucht zum Beispiel das Bild auf die Hälfte und ist vor allem für 4:3 Sensoren geeignet, um diesen möglichst komplett abzudecken. Also solltest du dir ein anamorphotisches Objektiv anschaffen wollen, achte auf die Größe des Sensors deiner Kamera, um diesen voll ausnutzen zu können.
Die Vorteile und Nachteile von anamorphotischen Objektiven
Wenn du dich für die Verwendung von derartigen Optiken entscheidest, gibt es einige Dinge zu beachten. Zu den Vorteilen und den Gründen, warum man so eine Linse überhaupt verwenden möchte, zählen:
- Man kann ein sehr weites Bild erzeugen, ohne dieses oben und unten beschneiden zu müssen und verliert somit keine Auflösung.
- Durch die Stauchung entstehen einzigartige Bildeffekte wie zum Beispiel sehr betonte Lensflares, ein elliptisches Bokeh oder einen besonders schönen Tiefenunschärfe-Effekt
- Das weite Bild kommt näher an das Sichtfeld des Menschen heran und wirkt somit natürlicher, immersiver und cinematischer.
Leider ist anamorphes filmen auch mit Nachteilen verbunden wie zum Beispiel:
- Aufgrund der Bauweise sind solche Objektive sehr teuer und auch sperrig und schwer.
- Durch die nötige Entzerrung entsteht ein zusätzlicher Aufwand in der Postproduktion, was nicht jeder will.
- Durch die Verzerrung können Bildartefakte entstehen und die Linsen neigen dazu, zum Rand hin unscharf abzubilden.
Was ist der Unterschied zwischen einem anamorphotischen Adapter und einem Objektiv?
Der Unterschied zwischen einem Anamorphot-Adapter und einer Linse besteht darin, dass ein Anamorphot-Adapter ein Zusatzgerät ist, das an eine herkömmliche Linse angeschlossen wird, um eine anamorphotische Optik zu erzeugen. Eine Linse ist hingegen ein selbstständiges Optik-Element, das direkt an die Kamera oder das Projektionsgerät angeschlossen wird.
Der Anamorphot-Adapter nimmt das Bild auf, das von der angeschlossenen sphärischen Linse kommt, und streckt es horizontal, um einen breiteren Bildwinkel zu erreichen, ohne dass das Bild verzerrt wird. Daher kann ein Anamorphot-Adapter verwendet werden, um bestehende Linsen für die Verwendung in anamorphotischer Optik umzurüsten.
Adapter sind zwar oft eine günstige Alternative, allerdings ist ein großer Nachteil, dass ihr dann im Prinzip zwei Linsen habt, die auch beide scharfgestellt werden müssen. Das ist bei statischen Motiven kein Problem, sobald sich aber deine Schärfenebene ändert wird es schwierig. Zwar gibt es auch hier Lösungen, aber die sind meist nur etwas für Tüftler.
Im Gegensatz dazu gibt es die Linsen, die bereits die anamorphotische Optik integriert haben und ohne Zusatzgerät direkt an die Kamera oder das Projektionsgerät angeschlossen werden können.
Wie werden anamorphotische Objektive verwendet?
Anamorphotische Objektive kann im Prinzip jeder verwenden, allerdings ist für den richtigen Einsatz entweder viel Geld oder einiges an Recherche notwendig.
Eingesetzt werden sie hauptsächlich in Hollywood Produktionen, um dem Endprodukt einen cinematischen Look zu verleihen.
Auch in der Fotografie ist es möglich, solche Linsen zu verwenden.
Ein Regisseur, der vor allem für die Verwendung des anamorphem Lensflares bekannt geworden ist, ist Michael Bay.
Hier auch ein paar bekannte Filme, die mit anamorphen Optiken gedreht wurden:
- „2001: A Space Odyssey“ (1968)
- „Blade Runner“ (1982)
- „Inception“ (2010)
- „The Master“ (2012)
- „Mad Max: Fury Road“ (2015)
- „The Hateful Eight“ (2015)
Leistbare Optionen, wie du mit dem anamorphen Filmen loslegen kannst
Zu den Herstellern von anamorphotischen Objektiven zählen unter anderem Zeiss, Angenieux, Helios oder Cooke. Allerdings liegen diese Linsen preislich im fünfstelligen Bereich und sie daher für die Meisten von uns unerschwinglich.
In letzter Zeit gibt es aber immer mehr, vor allem chinesische Hersteller, die das ändern wollen.
Vorreiter ist hier aktuell die Firma Sirui, welche verhältnismäßig günstige und auch kompakte Anamorphoten anbietet.
Dieses 35mm Objektiv ist ein eigenständiger Anamorphot, hier mit dem M4/3 Mount. Hiermit könnt ihr sofort drauflos filmen. Mit einer Blende von F1.8 ist es auch sehr lichtstark, wobei für ein optimal scharfes Bild würden wir dir raten, etwas abzublenden. Der Verzerrungsfaktor beträgt hier 1,33x.
Die passende Kamera dazu wäre hier zum Beispiel die Panasonic GH5 II, welche nicht nur 4K und 4:2:2 10 Bit intern aufnehmen kann, sondern sie besitzt auch die praktische Funktion, dass sie das Bild bereits in der Vorschau entzerrt.
Sirui bietet außerdem noch einen Adapter für seine Linsen an, mit dem Faktor 1,25x, mit dem du den Verzerrungswinkel noch vergrößern kannst.
Da das Filmen mit dem Handy immer beliebter wird, gibt es natürlich auch hier Adapter, welche du vor deine Linse montieren kannst, um den beliebten anamorphen Effekt zu erhalten.
Auch für die Gopro gibt es dementsprechende Adapter, mit dem du direkt deine Actionaufnahmen im Filmlook erstrahlen lassen kannst.
Solltet ihr weniger das gestreckte Bild wollen und einfach nur die Lensflares, so hast du auch hier einige Möglichkeiten.
So zum Beispiel diesen sogenannten Streak-Filter von Annadue, der jeder direkten Lichtquelle im Bild diese besonderen Flares verleiht.
Diesen Filter gibt es auch für deine DJI Drohne, solltest du mal was Neues ausprobieren wollen.
DIY Methoden
Wenn dir selbst das zu teuer ist, gibt es einige Methoden, wie ihr den anamorphen Look auch ohne teure Optiken erzeugen könnt.
- Willst du zum Beispiel nur die langgezogenen Lensflares, so kannst du ein Stück Angelschnur mittig von oben nach unten über dein lichtstarkes Objektiv spannen.
- Für das elliptische Bokeh kannst du aus einem Stück Karton eine Ellipse herausschneiden und ebenfalls vor deine Linse geben.
- Um das Feeling des gestreckten Bildes zu erhalten, kannst du in deinem Schnittprogramm einfach oben und unten schwarze Balken einfügen
Diese Optionen kommen zwar von der Qualität nicht an richtige Anamorphoten heran, bieten dir aber die Möglichkeit, günstig den Look auszuprobieren.
Fazit:
Wenn du den echten anamorphen Look wie im Kino hinbekommen willst, dann führt leider kein Weg daran vorbei, dir auch ein dementsprechendes Objektiv zu kaufen. Zum Glück bieten Hersteller wie Sirui mittlerweile recht leistbare Varianten an, allerdings ist es immer noch viel Geld für eine Linse, die schlussendlich mehr Aufwand in der Produktion verursacht und nicht unbedingt in jeder Situation gut einsetzbar ist. Wenn ihr euch allerdings von eurer Konkurrenz abheben wollt oder ihr generell gerne verschiedene Looks ausprobiert, dann wird sich euer Ausflug in die Welt des anamorphen Filmens auf jeden Fall lohnen.
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- Vollformat-Kamera: Sony Alpha 7 III
- Kompaktkamera: Sony RX100 M4 (würde dir das neue Modell empfehlen)
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- Gimbal für meine Vollformat-Kamera: DJI-Ronin S
- Gimbal für meine Kompaktkamera: Zhiyun Crane M (Ich habe das Vorgängermodell, würde dir das neue M2 Modell empfehlen)
- Gimbal für mein iPhone: Zhiyun Smooth Q3
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